01.04.2024
Beanspruchungen beim Reparaturschweißen hochfester Stählen - Teil 1: Einspanngrad und Kaltrissgefahr

Beanspruchungen beim Reparaturschweißen: a) Schweißnahtfehler (Kaltriss), b) Thermisches Ausfugen, c) Mechanische Vorbereitung der Fugenut, d) Reparaturschweißung, e) Eigenspannungen im Reparaturschweißbereich, f) Anwendung hochfester Stähle im Bereich Windenergie

Quelle: BAM

Die nachhaltige und ressourcenschonende Produktion von Windenergieanlagen erfordert den Einsatz moderner hochfester Feinkornbaustähle. Dies gilt sowohl für Gründungs- als auch für Errichtungsstrukturen, wie Mobil- oder Schiffskräne. Bei der Montage von Stahlkonstruktionen kommt es gelegentlich zu inakzeptablen Fehlern im Schweißnahtbereich. In den meisten Fällen besteht die wirtschaftliche Lösung bzw. das Abstellen dieser Fehler im lokalen thermischen Fugenhobeln der betroffenen Bereiche und das erneute Schweißen. Aufgrund der in der Regel sehr hohen Schrumpfbehinderung der Fugenut in der Gesamtkonstruktion können die durch das Reparaturschweißen eingebrachten Eigenspannungen zu einer erneuten Rissbildung und zum Bauteilversagen führen, insbesondere im Zusammenspiel mit einer zunehmenden Degradation des Gefüges und der mechanischen Eigenschaften dieser speziellen hochfesten Stähle. Die Hersteller verfügen jedoch kaum über Informationen zu diesen Fragestellungen und es fehlt an Empfehlungen und Richtlinien, um diese sicherheitsrelevanten Aspekte in adäquaten Reparaturkonzepten zu berücksichtigen.

Ziel dieser Untersuchung ist es, Empfehlungen für beanspruchungs- und werkstoffgerechte Reparaturkonzepte abzuleiten, die eine Grundlage für Normen und Richtlinien zur Vermeidung von Kaltrissen, Schäden und teuren Nacharbeiten insbesondere bei hochfesten Stählen bilden. Teil 1 dieser Studie umfasst systematische Untersuchungen zum Einfluss der Schrumpfbehinderung beim Reparaturschweißen von zwei hochfesten Stählen S500MLO für den Offshore-Bereich und S960QL für Mobilkranstrukturen. Die Ermittlung des Grades der Schrumpfbehinderung von Reparaturschweißungen erfolgte mittels experimenteller und numerischer Beanspruchungsanalysen.

In Schweißexperimenten mit sogenannten Schlitzproben wurden der Grad der Schrumpfbehinderung und die Zufuhr von Wasserstoff über den Schweißlichtbogen systematisch variiert, um die Auswirkungen auf das Schweißergebnis, die Eigenspannungen und die Kaltrissbildung zu analysieren. Es konnte gezeigt werden, dass eine höhere Schrumpfbehinderung zu deutlich größeren Beanspruchungen führt. Im Falle der Wasserstoffzufuhr zeigte S500MLO unabhängig von den Einspannbedingungen keine Kaltrisse. Es wurde jedoch festgestellt, dass S960QL bei Einbringung von Wasserstoff erheblich kälterissempfindlich ist. Mit zunehmender Einspannung nehmen Länge und Anzahl der Kaltrisse deutlich zu. Teil 2 dieser Studie befasst sich mit Gefüge und Eigenspannungen infolge des Fugenhobelns sowie mit der Spannungsoptimierung durch geeignete Wärmeführungsparameter beim Reparaturschweißen.

Stresses in repair welding of high‑strength steels—part 1: restraint and cold cracking risk
D. Schroepfer, J. Witte1, A. Kromm, T. Kannengiesser
Veröffentlicht in Welding in the World (2024), Volume 68, Seiten 685–697

BAM Fachbereich Versuchsanlagen und Prüftechnik