Portrait von Adam Michalchuk

Wilhelm-Ostwald-Fellow Dr. Adam Michalchuk arbeitet als Assistenzprofessor für Physikalische Chemie an der School of Chemistry der Universität Birmingham.

Quelle: Adam Michalchuk, Universität Birmingham

Interview Serie "Kurz vorgestellt: Menschen@BAM"
Dr. Adam Michalchuk, Assistenzprofessor für Physikalische Chemie an der School of Chemistry der Universität Birmingham ist zugleich Wilhelm-Ostwald-Fellow der Abteilung Materialchemie der BAM.

Adam, Du arbeitest als Assistenzprofessor für Physikalische Chemie an der School of Chemistry der Universität Birmingham und hast ein Wilhelm-Ostwald-Stipendium an der BAM erhalten. Wie wirkt sich das auf Deine Forschung aus?

Gegen Ende meiner Doktorarbeit lernte ich auf einer Tagung eine prominente Wissenschaftlerin der BAM kennen - Dr. Franziska Emmerling. Dieses glückliche Zusammentreffen führte dazu, dass ich zunächst als Postdoc und dann als wissenschaftlicher Mitarbeiter an die BAM kam. Ich hatte noch nie (und habe es immer noch nicht!) eine so bemerkenswerte Forschungseinrichtung gesehen wie die BAM. In Verbindung mit der dynamischen und kollegialen Atmosphäre unter den Kolleg*innen waren meine vier Jahre an der BAM unglaublich produktiv für meine Forschung, nicht zuletzt dank der von der BAM angebotenen Möglichkeit, meine unabhängige Forschungskarriere als Assistenzprofessor an der University of Birmingham (UoB), einer der 100 besten Universitäten der Welt, voranzutreiben.

Während ich meinen nächsten Schritt in meiner wissenschaftlichen Karriere mache, hat mich dann die BAM-"Familie" mit der Vergabe eines angesehenen Wilhelm-Ostwald-Stipendiums weiter unterstützt. Auch wenn ich jetzt die meiste Zeit im Vereinigten Königreich verbringe, ermöglicht mir dieses Stipendium, weiterhin ein aktives Mitglied der lebendigen BAM-Gemeinschaft zu sein. Das bedeutet nicht nur, dass ich weiterhin sehr eng mit den hervorragenden Wissenschaftler*innen an der BAM zusammenarbeiten und ihre erstklassigen Forschungseinrichtungen nutzen kann, sondern es ermöglicht mir auch, den Aufbau eines vielfältigen und "globalen" Forschungsteams. Denn dank der starken Partnerschaft zwischen der UoB und der BAM und meines Stipendiums konnte ich einige Mitglieder meiner Forschungsgruppe an der BAM unterbringen und so der nächsten Generation von Forscher*innen, die aus meinem Team hervorgehen, einzigartige und internationale Ausbildungs- und Betreuungsmöglichkeiten bieten.

Die Möglichkeit, zu Beginn meiner unabhängigen akademischen Laufbahn Mitglied sowohl der UoB- als auch der BAM-Gemeinschaft zu sein, ist für mich wie ein wahr gewordener Traum. Die Zusammenarbeit mit den "Besten und Klügsten" an einer der Top-100-Universitäten des Vereinigten Königreichs sowie die hochmodernen Einrichtungen und klugen Köpfe an der BAM bieten Forschungsmöglichkeiten wie man sie sonst nicht findet. Ich freue mich auf viele weitere Jahre dynamischer und aufregender, internationaler Forschung, die vor mir liegen!

Worum geht es bei Deiner Forschung?

In der Schule wird uns beigebracht, dass Chemie in Kolben stattfindet, die mit Flüssigkeiten gefüllt sind. Allerdings ist dies nicht ganz richtig! Wir können Chemie in Pulvern stattfinden lassen, indem wir sie einfach auf die richtige Art und Weise und mit der richtigen Menge an Energie zusammenbringen, „quetschen“ oder dehnen. Dies ist ein Gebiet, das man Mechanochemie nennt. Das ist wirklich spannend, denn es erlaubt uns, Lösungsmittel aus der Chemie zu eliminieren und damit einen der schädlichsten und teuersten Schritte sowohl in der akademischen Forschung als auch in der industriellen Verarbeitung zu beseitigen. Gleichzeitig gibt uns die Fähigkeit, Moleküle durch Stöße oder Quetschungen zu manipulieren, die Möglichkeit, wichtige Technologien zu entwickeln, wie z. B. explosive Materialien, Biegekristalle für neuartige Energiewandlungssysteme und piezoreaktive Materialien, die auf nachhaltige Weise Energie erzeugen. Obwohl dies allein schon faszinierend ist, besteht die große Herausforderung darin, dass sich viele der bestehenden "Regeln" der Chemie nicht gut auf die Mechanochemie übertragen lassen. Unser Team versucht, dieses Problem zu lösen, indem es die Grundlagen dafür erforscht, wie mechanische Energie chemische Prozesse auslöst, und wie wir dieses Wissen nutzen können, um bessere Materialien und bessere chemische Prozesse zu entwickeln. Wir tun dies, indem wir Werkzeuge der quantenchemischen Modellierung entwickeln und einsetzen, gekoppelt mit Experimenten an großen internationalen Einrichtungen wie Synchrotrons und Neutronenquellen.

Was fasziniert Dich daran, die Mechanochemie auf der atomaren Ebene zu verstehen?

An der Oberfläche widersprechen mechanisch angetriebene Umwandlungen vielen der konventionellen Konzepte, die wir in der Chemie lernen. Dies lässt viel Raum zum Erforschen und Spielen, während ein grundlegend neuer Bereich der physikalischen Wissenschaften entwickelt wird! Gleichzeitig gibt es ein riesiges Potenzial für praktische Anwendungen der Mechanochemie. Die mechanisch angetriebene Chemie verfügt über ein enormes ungenutztes Potenzial im Technologiesektor zur Herstellung neuer Materialien für die Energieerzeugung und -speicherung und für Innovationen in der Kommunikationstechnologie. Diese Chemie verspricht auch, die Arbeitsweise der chemischen Industrie zu verändern und den Weg zu nachhaltigeren und umweltfreundlicheren Produktionsverfahren zu ebnen. Die Arbeit in diesem Bereich gibt uns also nicht nur die Möglichkeit, Fortschritte in der Grundlagenwissenschaft zu erzielen, sondern auch zur Lösung realer Probleme beizutragen und eine bessere und gesündere Zukunft für die Gesellschaft zu gewährleisten.

Als ein „Reisender“ in Sachen Wissenschaft: Was nimmst Du aus den jeweiligen Ländern und Instituten, an denen Du geforscht hast, mit?

Ich habe im Laufe meiner bisherigen Karriere als „scientific traveler“ eine wirklich aufregende Zeit. Obwohl ich ursprünglich aus Kanada stamme, habe ich mein Studium in Schottland absolviert, bevor ich im Rahmen einer gemeinsamen Promotion regelmäßig zwischen Schottland und Russland pendelte. Danach ging ich als Post-Doc nach Deutschland, bevor ich nach England zog, um hier als Assistenzprofessor zu arbeiten. Dazwischen bin ich beruflich überallhin gereist, von Indien und Malaysia über Ost- und Westeuropa, quer durch die USA und sogar bis nach Brasilien! Dabei habe ich gelernt, dass es keinen einzigen richtigen Weg gibt, zu forschen oder zu lehren. Es gibt nur verschiedene Strategien, jede mit ihren eigenen Stärken und Schwächen. Diese Erfahrungen haben mir bewusst gemacht, wie wichtig es ist, diese Unterschiede beim Aufbau eines Forschungsteams zu berücksichtigen. Nur wenn wir uns die unterschiedlichen Standpunkte zunutze machen, werden wir eine Forschungskultur schaffen, die in der Lage ist, die bahnbrechenden Ergebnisse zu erzielen, die wir brauchen, um die Welt zu verändern.

Letztes Jahr haben hast Du den Economic Impact Award für Deine Forschung über sicherere energetische Materialien erhalten - wie geht es weiter?

Zunächst einmal muss ich sagen, dass mit dieser Auszeichnung die Forschungsarbeit eines phänomenalen interdisziplinären Teams von Wissenschaftlern gewürdigt wurde – was wieder die Bedeutung einer starken Zusammenarbeit für eine wirkungsvolle Forschung unterstreicht. In der ausgezeichneten Arbeit wurde die Neutronenspektroskopie mit quantenchemischer Modellierung kombiniert, um einen neuen Rahmen für die Vorhersage der Reaktivität eines explosiven Materials im Computer zu entwickeln. Unser Hauptziel war es, die Forschung an energetischen Materialien für Experimentatoren sicherer zu machen, indem wir ihnen sagen können, wie sicher ein bestimmtes neues Material sein wird, bevor sie ins Labor gehen, um es herzustellen. Die von uns entwickelten Werkzeuge geben uns auch die Möglichkeit, bessere und sicherere energetische Materialien zu entwickeln, indem wir die Kolleg*innen der synthetischen Chemie auf Zielverbindungen hinweisen können, die wahrscheinlich die strengen Sicherheitskriterien für reale Anwendungen erfüllen. Obwohl wir in diesem Bereich enorme Fortschritte gemacht haben, gibt es natürlich noch viel zu tun! Dies ist nach wie vor ein sehr kooperatives Forschungsprojekt mit einem wachsenden Team, da die Probleme immer anspruchsvoller (und spannender!) werden. Gleichzeitig wissen wir aber auch, dass die Physik, die diesem Modell zugrunde liegt, recht allgemein ist und auf andere Arten der Mechanochemie ausgedehnt werden kann. Wir sind daher sehr daran interessiert, wie weit wir diese Modelle vorantreiben können, um zum Beispiel die Entwicklung nachhaltiger mechanochemischer Prozesse zu unterstützen.

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